In unserem letzten holländischen Shinpiden Level III Kurs hing eine Kalligraphie des Wortes Reiki an der Wand. Sie regte eine Diskussion über das erste Kanji (Schriftzeichen) Rei, seine mögliche Bedeutung und wie es mit „Heilen durch Handauflegen“ und dem Einstimmungsprozess im Zusammenhang steht an.
Mit einem Kanji zu arbeiten ist spannend. Nicht nur, dass das Kanji uns ein lesbares Wort liefert, es hält auch oft eine bildliche Darstellung in seinen speziellen Pinselstrichen bereit. Stellen Sie sich vor, das Wort Baum würde wie ein Baum aussehen Nun, mit einem Kanji ist es möglich diese Schönheit zu entdecken. Schauen wir auf das erste Kanji des Wortes Reiki, um die versteckte Bedeutung in diesen visuellen Tiefen zu finden.
Die vor 1940 gebräuchliche Version des Kanji Rei, zeigt drei kleine Schalen oder Becher in einer Reihe. Von diesen drei Schalen dachte man oft, sie würden die Qualitäten der Dreiheit darstellen. Damit könnte die Trinität/ Dreiheit, von Vater, Mutter und Kind gemeint sein, oder auch die von Erde, Himmel und Einssein, oder, wenn wir die esoterischen japanischen Lehren betrachten, die drei Aspekte des Buddha.
Ein anderes in diesem Kanji Rei enthaltenes Bild ist das des Zauberers/Schamanen, der um Regen betet. Regen nährt unseren Planeten. Unsere Welt wie wir sie kennen, kann nicht ohne Regen existieren. Im Kanji Rei fällt dieser nährende, lebensfördernde Regen in die drei Schalen. Das kann als Dreiheit, Trinität, die mit den ihren grundlegenden nährenden Bedürfnissen ausgestattet ist, verstanden werden.
Wenn wir diese Bedeutung in den Kontext einer Sitzung mit Handauflegen oder einer Einstimmung bringen, kommen wir zu einigen interessanten Schlussfolgerungen.
Der Praktizierende/Lehrer (Zauberer) verbindet sich mit der Energie (Regen), Diese Energie regnet herab und der Klient/Student absorbiert diese Energie gemäß seiner oder ihrer grundsätzlichen Bedürfnisse. Diese Bedürfnisse sind aus japanischer Sicht, die ausgleichenden Elemente Erde, Himmel and Einheit (Die drei Schalen) im Menschen.
Stellen wir uns einen Garten mit ein paar hohen Bäumen, Beeten mit bunten Sommerblumen, mit Sträuchern und einer schönen, saftigen, grünen Wiese vor. Nun beginnt es zu regnen. Zuerst fallen nur wenige große Tropfen auf das Laub, das Gras und die Blütenblätter. Und dann regnet es stark.
Regen hat nur eine Eigenschaft – Er ist Regen. Und der Regen macht keinen Unterschied zwischen Bäumen, Blumen, Sträuchern und Gras, Es kommt keine Bewertung vom Regen, heißt, er denkt nicht z. B.: „Diesem hohen Baum da werde ich ein bisschen mehr geben, für diesen kleinen Grashalm da langen ein paar Tropfen.“ Er regnet einfach. Der hohe Baum, die Blume, der Strauch und der Grashalm nutzen den Regen nach ihrem Bedarf und ihrer Aufnahmefähigkeit – und nicht etwa, weil der Regen ihnen vorschreibt, was und wieviel sie bekommen sollen. Das ist ein sehr gesunder und natürlicher Zustand.
Wenn wir eine Behandlung oder eine Einstimmung durchführen, müssen wir auf dieselbe Weise handeln. Der Behandler oder Lehrer „betet“ für Regen: In diesem Sinn bedeutet das, die Absicht zu setzen, uns mit dem Regen –der die Energie ist–, zu verbinden. Die Energie mit der wir uns als Praktizierender/Lehrer verbinden, hat nur eine Eigenschaft, genau wie der Regen.
Wie könnte universelle Energie, die in ihrer Natur nicht-dual ist, mehr als eine Eigenschaft haben? Sobald wir sagen das dies eine andere Art von Energie ist, sprechen wir nicht mehr über Nicht-Dualitat und auch nicht mehr über universelle Energie
Nachdem wir unsere Absicht gesetzt haben und der Regen beginnt niederzufallen, sollen wir keine Bewertungen mehr vornehmen, genau wie der Regen. Der Klient/Schüler wird die Energie nach seinen Bedürfnissen und Fähigkeiten aufnehmen, so wie die Bäume, Sträucher, Blumen und das Gras – und nicht wie, oder weil der Praktizierende oder Lehrer es so will.
Sobald eine Bewertung des Klienten oder Schülers, welche „Menge“ an Reiki er/sie braucht, vorgenommen wurde, kommt der Praktizierende/Lehrer nicht aus einem Ort der Liebe und des Mitgefühls heraus, sondern er hat sich aus diesem natürlichen und gesunden Energiefluss entfernt. Daher wird der Prozess einen anderen Effekt haben. Eine der Beurteilungen, die vielleicht in einer Behandlung getroffen werden, ist, das ein bestimmter Punkt mehr Energie als der andere benötigt. Aber wer sind wir, das beurteilen zu können? Ist es nicht der Schüler/Klient selbst, der entscheidet, was gebraucht wird?
Also gehe nächstes Mal, wenn du eine Behandlung oder eine Einstimmung durchführst, in diesen nicht-dualen Raum hinein, lass die Energie durch dich hindurch regnen, ohne den Klienten/Schüler zu bewerten. Sei völlig offen und lass die Energie ihre Arbeit machen.
Genieße die Frische und Lebenskraft des Regens — oder was immer er dir bringen mag.